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Sammlung zur Sprache / Lese- und Rechtschreibschwächen

Grundlagentheorie:     Aus "LRS" von Bechen-Kinzinger-Seger

In der Mitte der Netzhaut des menschlichen Auges, der Netzhautgrube oder Fovea, ist die kleine Stelle voller Sinneszellen, die scharfes Sehen ermöglicht. Um ein gesamtes Objekt erfassen zu können, z. B. ein Gesicht, die Gestalt eines Körpers oder die Fläche eines Buch­stabens, macht daher der gesunde Erwachsene beim natürlichen Umherschauen 3 bis 5 Blicksprünge in der Sekunde mit entspre­chenden Pausen dazwischen. So können alle interessanten Dinge angeschaut und zu einem Gesamtbild zusammengesetzt und an­schließend, z. B. beim Buchstaben dessen Bedeutung erkannt wer­den. Dieses Abtasten des Gesichtsfeldes mit Blicksprüngen wird während der ersten Lebensjahre erlernt und erfolgt automatisch, d.h. ohne unser bewusstes Dazutun. Spätestens mit Beginn der Schule wird unsere Seh- und Blickfähigkeit mit einer besonders schweren Aufgabe konfrontiert: wir sollen lesen lernen. Dazu müssen wir nach dem Wiedererkennen der Buchstaben, diese zu Wörtern und diese zu Sätzen zusammensetzen lernen. Sobald ein Wort oder Wörter in einer Zeile nicht mehr gleichzeitig - sozusa­gen auf einen Blick- erkannt werden können, müssen wir mit Blicksprüngen die Zeile abtasten. Nun kommt es sehr genau dar­auf an, das Gesehene zu behalten und mit dem als nächstes Gese­henen zusammen zu setzen. Fehler durch zu große oder zu kleine Blicksprünge, unvollständig gesehene Teile eines Wortes durch zu kurzen Aufenthalt, können fatale Folgen haben. Zum flüssigen Lesen gehört später dazu, dass die Blickabfolge möglichst rasch und automatisch erfolgt. Zu automatisch darf sie aber auch nicht sein, denn bei längeren oder schwierigeren Wör­tern muss der Blick länger verweilen: wir müssen die Möglichkeit haben, bewusst und willkürlich in die Blickautomatik einzugreifen. Die uns so nützlichen Reflexe der Blicksteuerung müssen zwar entwickelt sein und zur Verfügung stehen, aber wir müssen sie auch kontrollieren können. Diese Fähigkeit der willkürlichen Kon­trolle wird erst später im Leben entwickelt, gefördert durch stei­gende Anforderungen. Findet diese Entwicklung nicht oder un­vollständig statt oder wird sie durch krankhafte Veränderungen in bestimmten Teilen des Gehirns behindert oder rückgängig ge­macht, so können schwierige Aufgaben wie das Lesen nicht oder nur erschwert oder unvollständig erlernt werden. Es kann sich das Bild einer Legasthenie entwickeln, deren Ursache in diesem Fall nicht in einer mangelhaften akustischen Sprachverarbeitung Hegt, sondern darin, dass die Blicksteuerung nicht perfekt genug funktio­niert. Da hilft kein noch so eifriges Lesenüben, man muss erst seine Blicktüchtigkeit erwerben. Da beim Erwerb der Schriftsprache auch das genaue Hören eine wichtige Rolle spielt, hat das Blick-Labor zusammen mit der Medizinischen Hochschule Hanno­ver jetzt auch 5 Tests zur Überprüfung der sprachfreien auditiven Differenzierungsfähigkeit entwickelt und mit den Daten von 500 Kontrollpersonen normiert. Es zeigt sich, dass bis zu 2 Drittel der Legastheniker diese Tests nicht altersgerecht bestehen. Ein Hör­training wirkt in bis zu 80 % der Fälle und verbessert unmittelbar danach die sprachgebundenen Hörleistungen der phonologischen Bewusstheit und die Rechtschreibung.

Quelle:

Universität Freiburg

AG Hirnforschung

Blick-Labor

Prof. Dr. Burkhart Fischer

 Hansa-Straße 9

79104 Freiburg

Tel.:     0761 -203-9536

Fax:    0761-203-9540

http://www.blicklabor.de

http://www.brain.uni-freiburg.de/bbl/

freiburg@blicklabor.de

 

Weiteres aus dem Buch:  "Mototherapie bei sensorischen            Integrationsstörungen" von Kesper und Hottinger

Kinder mit Störungen der Sprachmotorik haben oft auch Störungen in der Handmotorik und der Fingergeschicklichkeit.

Das motorische Sprach-Zentrum grenzt an das motorische und sensorische Rindenfeld für  Mund, Zunge, Finger und Füße. Durch gezielte und regelmäßige Fingerübungen kann eine Aktivierung der angrenzenden Bereiche erreicht werden, was deutlich in einer verbesserten Sprachproduktion dieser Kinder zeigt.

So halt dieses Prinzip im Zusammenhang mit der Plastizität des Gehirns in Frühförderung eine wichtige Bedeutung. Gezielte und frühzeitige Förderung kann Grundlagen im Gehirn schaffen, die es dem Kind ermöglicht, Fähigkeiten auszubilden und Fertigkeiten zu differenzieren.

 Lese-Rechtschreib-Schwäche

Als Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) wird ein Phänomen, bezeichnet hinter dem sich eine Reihe verschiedener Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben verbirgt. Genauso unterschiedlich wie die: Art der Lese-Rechtschreib-Schwäche sind die Wege zur Hilfe für die Schüler. Die Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben können verschiedene Ursachen haben. So entwickeln Kinder nach SEV überproportional häufig eine LRS, das deutet auf einen ähnlichen Zusammenhang der beiden Störungsbilder hin.

Die Sensorische Integrationsstörung ist eine mögliche Ursache und die Behandlung ein Weg zur Verbesserung der Lese- und Schreibleistungen:

Es steht allerdings kein kausaler Zusammenhang zwischen, einer bestimmten sensomotorischen Störung und der LRS. Bei Kindern mit einer- LRS finden, sich vermehrt motorische Auffälligkeiten, die Art der Störung hat Auswirkungen auf das Lesen oder Schreiben. Diese Kinder zeigen selten nur diese isolierte LRS, oft kommen Schwierigkeiten in der Hand-Auge-Koordination oder graphomotorische Störungen hinzu.

Auffallend sind bei Störungen der Augenmuskelkontrolle das Auslassen von Buchstaben oder Fehler beim Abschreiben von Texten  und Zahlen.

Diese Kinder haben, sehr oft Leseschwierigkeiten, da sie die Zeile verlieren. die sie gerade gelesen haben. Eine erste Hilfe für diese Kinder könnten Leseschablonen sein, die immer nur eine Zeile des Textes freigeben.  Die Art der LRS ist genau zu beobachten. Da sie Aufschluss auf die mögliche Ursache zulässt:

Mögliche Beobachtungen

 - Kinder können lesen, aber nicht abschreiben (ideomotorische Dyspraxie). 

- Kinder können abschreiben, aber nicht erlesen (ideatorische Dyspraxie).

- Bei Diktaten wird die Schrift zusehends unleserlich, weil die Automatisierung der Bewegungsabläufe nicht ausreichend oder die Bewegungsvorstellung  unvollständig sind (taktil-kinästhetische Wahrnehmung ).

- Das Verdrehen von Buchstaben, Spiegelschrift (umerzogene Linkshänder und  Körperschemastörungen). Vertauschen von Buchstaben/Wörtern (Praxi: Sequenz).

- Auslassen von Buchstaben/Silben (Augenmuskelkontrolle).

- Verwechseln von Buchstaben (auditive Wahrnehmung).

 Quelle:  Mototherapie bei sensorischen Integrationsstörungen

 

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