Spezielle theoretische Grundlagen für die Ergotherapie / Psychiatrie

In der Ergotherapie kann von einem Ergebnisorientierten und von einem Prozessorientierten Schwerpunkt ausgegangen werden. Diesen beiden Schwerpunkten werden (versuchsweise) Ansätze der Handlungstheorie und der Objekttheorie zugrunde gelegt. Der Leser soll mit diesem Denkmodell vertraut gemacht werden und die Theorien kennen lernen.

Ergotherapie ist ein bewusster, geplanter, interaktioneller Prozess. Die Ergotherapeutin schließt mit dem Patienten ein Arbeitsbündnis, definiert auf der Grundlage des Befundes möglichst gemeinsam mit dem Patienten die Ziele und setzt ihre therapeutischen Mittel unter psychologischen Erkenntnissen von normalem und pathologischem Verhalten.

In der Ergotherapie wird der Patient aufgefordert, etwas zu tun. Handeln, Tätig-Sein ist Teil der menschlichen Natur. Piaget weist auf die zentrale Bedeutung den Handelns für den Erwerb von Erkenntnissen hin. Kinder lernen zunächst dadurch, dass sie Objekte betrachten, in die Hand nehmen und immer wieder suchen. Piaget betont dass jede Erkenntnis mit Hilfe von Handlungen konstruiert wird. Auch wenn die Handlungen nur verinnerlicht im Individuum ablaufen. Innere Handlungen oder Operationen sind also, obwohl sie im Geiste stattfinden, der direkten Manipulation materieller Gegenstände verwandt. Fehlen dem Kind  oder dem Erwachsenen Gelegenheiten zum Handeln, oder ist jemand durch Krankheit, Traumata oder andere Faktoren darin gehindert, so droht ihm der Ausschluss von notwendigen und befriedigenden Betätigungen in und mit der Gesellschaft. Die Folge ist, dass er auf Hilfe von außen angewiesen ist, da sich sonst sein Leiden in der Regel verschlimmert.

Schwerpunkte in der Ergotherapie

 Quelle: Ergotherapie in der Psychiatrie von „Ingried Scheiber“

1. Ergebnisorientierten Schwerpunkt

2. Prozessorientierten Schwerpunkt

Zu 1. Beim Ergebnisorientierten Ansatz gibt es eine klare Ausgangssituation (ein Bedürfnis, eine Störung o. ä.), einen Weg, der zuvor festgelegt wurde und ein Ziel, das erreicht werden soll.

Beispiel: der Patient hat Konzentrationsschwächen und möchte dieses verringern. Die Therapeutin bespricht mit ihm ein Trainingsprogramm. Der Patient führt dieses durch und kann immer wieder, insbesondere aber am Ende prüfen, inwieweit sich seine Konzentrationsschwierigkeiten gebessert haben.

Dieser lineare Vorgang bildet also eine einfache Schlussfolgerungskette von Antrieb/Bedürfnis - Weg - Ziel.

Zu 2. Beim Prozessorientierten Schwerpunkt stellt der Patient in der Ergotherapie nicht nur

etwas her, sonder er stellt auch etwas dar. Er tritt in Beziehung zu seinem Material und zu seinem Werkstück, Damit kommt den Gefühlen, Wünschen, Vermeidungen usw., die im und durch das Tun auftreten, dem Prozess also, besondere Bedeutung zu. Soll demnach das Erleben stärkere Beachtung finden, so müssen Ziel und Weg offener bleiben (oder geöffnet werden, um psychodynamische Prozesse zu entwickeln).

 

Phasen im Handlungsablauf

folgende Phasen lassen sich unterscheiden:

1. Handlungsantrieb (Vorsatzbildung): Jede Handlung braucht einen Antrieb, der entweder von außen (Auftrag, Belohnung) oder durch ein eigenes Bedürfnis (Hunger, Wunsch nach Anerkennung) hervorgerufen werden kann. Z. B.: Herr K. hat sich selber vorgenommen ein Peddigrohrkorb  zu flechten. Sein Antrieb / Motiv: Er will es einer Bekannten schenken.

 2. Handlungsorientierung und Entwurf von   Handlungsprogrammen:

Ein Ziel oder Teilziele werden ins Auge gefasst, eine Entscheidung getroffen, eine gedankliche Orientierung findet statt, Kenntnisse, Erfahrungen werden überprüft. aktuell wirksame Informationen aufgenommen und verarbeitet, Wege und Mittel zu Erreichung der Ziele untersucht und aktualisiert und Hypothesen aufgestellt. Auf dieser Grundlage wird dann das Entwerfen von Aktionsprogrammen. (Bild des Ergebnismodells, z. B. vom fertigen Tablett), Handlungsentwürfen oder -mustern möglich.

3. Handlungsentschluss: Da häufig gleiche Ziele auf unterschiedliche Weise erreicht werden können, ist es notwendig, sich für bestimmte Ziele und Realisierungsebenen zu entscheiden. Mit dem Vorsatz zu Verwirklichen des ausgewählten Weges als Ergebnis des Entschließens erfolgt der Übergang von der Handlungsvorbereitung zu Handlungsvollzug

4. Handlungsausführung:  Unter ständigem Rückbezug auf die im Handlungsprogramm festgelegten Ziele und Realisierungswege wird die Handlung ausgeführt. Vergleich - Veränderung - Vergleich bilden eine zyklische Struktur.

5. Handlungskontrolle: Hanlungsergebnisse werden überprüft und Handlungsziel und -ergebnis miteinander verglichen.