Was ist Sensorische Integration?
„Sensorische
Integration bedeutet das sinnvolle Ordnen von Sinneserregungen im Gehirn, so
dass der Mensch sich und seine Umwelt genau wahrnimmt, zu Lernprozessen
fähig ist und auf Umweltgegebenheiten angemessen reagieren kann.“ Dr. Jean
Ayres
Sensorische
Integration (SI) ist ein Prozess, der überall und jederzeit in unserem
Gehirn stattfindet. Die Aufnahme, Verknüpfung und Verarbeitung sinnlicher
Erfahrung (Berührung,
Bewegung, Körperwahrnehmung, Riechen, Schmecken, Hören und Sehen)
wird als Sensorische Integration bezeichnet. So spüren wir z.B. in welcher
Lage sich unser Körper gerade befindet, wie wir uns bewegen, wie wir uns in
der Schwerkraft halten und aufrichten. Wir hören Töne, sehen Licht, Farben
und spüren Berührung und Widerstand. Durch diese sinnliche Erfahrung -
Sinnesinformation – und deren Interpretation erfahren wir unsere
Wirklichkeit.
Wie Reize aufgenommen und verarbeitet werden, hängt ab von der individuellen
Veranlagung, von dem Reifegrad des Zentralnervensystems und von der Qualität
der Sinnessysteme und deren Interpretation.
Lernen ist abhängig von der Fähigkeit, sensorische Informationen aus der
Umwelt aufzunehmen. Sensorische Integration ist somit die Grundlage von
Handeln, Sprechen und Lernen. Alle über die Sinnessysteme aufgenommenen
Informationen werden „integriert“. Das bedeutet: sie werden im Nervensystem
und Gehirn weitergeleitet, verschaltet, vernetzt, gedeutet, gespeichert so
dass sie in sinnvolle, der jeweiligen Situation angemessene Handlungen
umgesetzt werden können.
Sensorische
Integration beginnt im Mutterleib und entwickelt sich im frühen Kindesalter
besonders rasch. Das ist von großer Bedeutung, da in dieser Zeit die
Grundstrukturen für alle weiteren Vernetzungen der Sinnessysteme gelegt
werden. Dieser Prozess setzt sich mit abnehmender Tendenz lebenslang fort.
Die Vernetzung der
Sinneseindrücke, die u.a. über die Haut, Muskeln, Gleichgewichtsorgan
(Bewegungsrezeptor im Innenohr), Nase, Zunge, Hände, Ohren und Augen
aufgenommen werden bilden die Basis für den Erwerb von koordinierter
Bewegung, Kraftdosierung, Handlungsfähigkeit, Sprache, zwischenmenschliche
Interaktion, Sozialverhalten, Fantasie und der Fähigkeit zu abstraktem
Denken, u.a.
Wie wirkt die
Sensorische Integrationstherapie?
Jeder Behandlung
geht eine differenzierte Befunderhebung voraus. Sie beginnt mit einer
ausführlichen Befragung zur bisherigen sensomotorischen Entwicklung. Es
folgen strukturierte und gezielte Beobachtungen und - wenn nötig –
spezielle, standardisierte Test zur Entwicklung der Sensorischen
Integration.
Aus der Befragung, Beobachtung und den Tests ergibt sich ein
ergotherapeutischer Befund, der Stärken und Schwächen der sensorischen
Verarbeitung aufzeigen soll und im Sinne einer prozessualen Förderdiagnostik
fortgeschrieben wird. Gemeinsam mit den Kindern und Eltern wird daraus, je
nach Problemstellung und Auftragslage, ein konkret anzustrebendes
Behandlungsziel zur Verbesserung der sensorisch integrativen Funktion
formuliert.
Wo setzt die
Behandlung an?
Die Therapie
beginnt an der Basis, bei der Körper- und Bewegungswahrnehmung. Sie nutzt
die Plastizität des Nervensystems und den inneren Antrieb des Patienten.
Entsprechend dem Befund werden dem Patienten sensorische Angebote gemacht,
die im Rahmen seines Leistungsniveaus eine Herausforderung darstellen,
motorische Aktivitäten zu entwickeln. Diese haben immer einen inneren Bezug
für das Kind bzw. den Patienten und sind handlungsorientiert. Die Therapie
soll lustvolles Erleben sein. Das Kind lernt durch seine Eigenaktivität, zu
immer neuen Erfahrung zu gelangen, die ihm die Tür zu weiteren
Entwicklungschritten öffnen.
Die Angebote werden in Art und Dosierung ständig kontrolliert und der
Reaktion des Kindes angepasst. Hierbei werden vorwiegend die taktile,
propriozeptive und vestibuläre Sinneswahrnehmung angesprochen. Der Therapeut
nutzt hierbei sein spezielles Wissen über die Wirkung der Sinne aufeinander.
Welche
Bedeutung spielen die Eltern und das soziale Umfeld?
Ein wichtiger
Bereich des Konzeptes der SI ist die Information und Beratung der
Bezugspersonen sowie des sozialen Umfeld zum Umgang mit diesen Problemen und
die Erarbeitung konkreter Hilfestellung zur Gestaltung des Umfeldes.
Ziele der SI-Therapie sind die Verbeserung der Neuralintegration und
Selbstorganisation des Patienten. Das Selbstwerfgefühl, Bewegungsfreude,
-koordiantion und -gewandtheit, Handlungskompetenz, Konzentration, Ausdauer,
Raumlageverständnis, u.a. sollen gestärkt werden.
Für welches
Alter ist die SI-Therapie geeignet?
Je jünger der
Mensch, desto plastischer und formbarer sind sein Nervensystem und sein
Gehirn. Deshalb ist dieses Therapiekonzept in den ersten Lebensjahren
besonders effektiv. Je länger die Störungen unbehandelt bleiben, desto eher
werden sie möglicherweise von Vermeidungsstrategien, Kompensationen und
Verhaltensproblemen überlagert. Das erschwert die ergotherapeutische
Befunderhebung und kann den therapeutischen Prozess verlängern. Auch bei
Jugendlichen und Erwachsenen können sensorisch-integrative Dysfunktionen
behandelt werden.
Indikationen zur
Sensorischen Integrationstherapie: